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"Man darf sich nicht so wichtig nehmen"

Dingolfinger Pfarrgemeinderatssprecher im Interview

Freitag, 12 August 2022

 

Autor: Andy Forster    Redaktion Dingolfing

Redakteur Andy Forster traf sich mit dem Pfarrgemeinderatssprecher Valentin Walk für ein Sommerinterview in der Stadtpfarrkirche St. Johannes.

(Quelle: af) 

 

Der Pfarrgemeinderat ist ein Gremium in einer Pfarrgemeinde, das sich aus gewählten, berufenen und amtlichen Mitgliedern zusammensetzt. Zu den amtlichen Mitgliedern gehört der zuständige Pfarrer, die anderen Pfarrgeistlichen und die pastoralen Mitarbeiter. Dies war nur ein kurzer Exkurs, denn weitaus spannender ist in der Stadtpfarrkirche St. Johannes die Tatsache, dass mit Valentin Walk einer der jüngsten Pfarrgemeinderatssprecher in ganz Bayern diesem Amt vorsteht. Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt der Dritte Bürgermeister, wieso er dieses Amt ausführt. Zudem äußert er sich zu Themen wie Missbrauchsskandale, den Stellenwert der Kirche, homosexuelle Hochzeiten und wichtige künftige Projekte in der Kirche St. Johannes.

Dritter Bürgermeister, Kreisrat und Pfarrgemeinderatssprecher: Valentin Walk.

(Quelle: eiglsperger) 

 

Herr Walk, Sie sind 25 Jahre jung und Dritter Bürgermeister. Nun sind Sie kürzlich zum Pfarrgemeinderatssprecher gewählt worden. Ist es Ihnen langweilig?

Valentin Walk: Ganz ehrlich: Nein. Mir bereiten diese Aufgaben einfach viel Freude. In beiden Ämtern kann man viel bewirken für die Gesellschaft und für die Menschen die darin leben. Und ich bin mir sicher, dass wir als aktive Pfarrgemeinde auch für die Gesellschaft im Ganzen einen wichtigen Beitrag leisten. Auch wenn das vielleicht manchmal nicht wahrgenommen wird.

Weggefährten in der Stadt und auch Kirche beschreiben Sie als angenehmen und zurückhaltenden Menschen. Werden Sie in dieser besonnenen Art auch dieses sehr wichtige Amt angehen?

Walk: Natürlich freue ich mich, wenn ich mit diesen Attributen beschrieben werde. Bei der Ausübung dieses Amtes sind diese Eigenschaften auf jeden Fall hilfreich. Ich versuche diese dann auch mit einer gesunden Portion Durchsetzungsfähigkeit und Humor zu kombinieren. Was ich bisher in jedem Amt gelernt habe: Man darf sich selbst nicht zu wichtig nehmen. Und, ich bin nur der Sprecher dieses Gremiums. Diesem steht letzten Endes Monsignore Martin Martlreiter vor. Es besteht aus insgesamt 14 Personen, die sich alle mit ihren eigenen Vorstellungen und Ideen einbringen.

Apropos Besonnenheit: Die Kirche steht momentan massiv in der Kritik. Missbrauchsskandale häufen sich und viele Gläubige wenden sich von der Kirche ab. Verstehen Sie das?

Walk: Bei diesem Thema ist Besonnenheit besonders wichtig. Da haben Sie durchaus recht. Missbrauch und im speziellen Kindesmissbrauch ist grundsätzlich ein Riesenskandal, eine Abartigkeit und wirklich mit aller Härte zu kritisieren und zu bestrafen. Bei einer Institution, wie der katholischen Kirche, ist dies natürlich noch heftiger. Bei den Fällen handelt es sich auch um Vorfälle weit aus der Vergangenheit, die erst jetzt öffentlich werden und aufgearbeitet werden. Ich bin froh, dass sich die Kirche in den letzten Jahren diesbezüglich bereits stark verändert hat. Bevor mir Relativierung oder Verharmlosung vorgeworfen wird: Ich fordere ebenfalls eine Aufarbeitung und, wenn noch möglich, auch rechtsstaatliche Verfahren für die Täter, aber auch Hilfe für die Opfer. Und dennoch ist es falsch, wenn wir heute unsere Priester und Geistlichen stigmatisieren. Ein Unrecht wird nicht deshalb geheilt, wenn man jetzt anderen Menschen ebenfalls Unrecht tut. Im Übrigen dürfen wir es uns auch als Gesellschaft nicht zu leicht machen und bei dem Thema sexueller Missbrauch nur auf die Kirchen deuten. Die meisten Missbrauchsfälle passieren außerhalb der Kirche. Leider überall, wo es Kinder gibt. Ich finde es gut, dass die katholische Kirche hier aber nicht auf andere deutet, sondern vor der eigenen Haustüre kehrt.

Viele Geistliche stehen einem Austritt vor allem deswegen kritisch gegenüber, weil die Kirche in den letzten Jahren aus ihrem starren Gebilde allmählich aufwacht. Es gibt queere Gottesdienste, manche Pfarrer würden homosexuelle Paare den Segen erteilen. Ist Dingolfing auch offen dafür?

Walk: Das sind theologische Fragen. Jetzt bin ich kein Theologe und maße mir auch nicht an, wie einer zu sprechen. Man kann diese Fragen auch nicht ohne Weiteres ausschließlich nach der Gesellschaft sowie nach dem jeweiligen Mainstream ausrichten und beantworten. Wir sind Teil einer Weltkirche und keine Regionalkirche in Mitteleuropa. Grundsätzlich kann aber jeder Mensch den Segen Gottes durch einen Pfarrer erhalten. Der Segen bedeutet, sehr umgangssprachlich ausgedrückt: "Schön, dass es dich gibt." Das gilt für jeden Menschen. Das Sakrament der Ehe im katholischen Glauben ist jedoch weitaus mehr als die Zivilehe als familienrechtlicher Vertrag zwischen zwei Menschen. Eine der fünf Säulen einer katholischen Ehe ist beispielsweise die bewusste Entscheidung für Kinder, die einem geschenkt werden, und dem Willen, sie im christlichen Glauben zu erziehen. Nun bin ich weder Theologe, noch Biologe aber stelle als Laie dennoch ein Konfliktpotenzial fest.

War dies auch Ihre Motivation für dieses Amt, live mit dabei zu sein, wenn die Veränderungen vonstatten gehen?

Hohe kunsthistorische Bedeutung: Die Kirche St. Leonhard in Oberdingolfing wird umfangreich saniert.

(Quelle: af) 

 

Walk: Nein. Meine Motivation war es, mit einer lebendigen und aktiven Pfarrei für die Gläubigen und alle Bürger der Stadt das gemeinsame Leben im christlichen Sinne zu erhalten und zu verbessern. Meine Motivation ist auch das wirklich tolle und vielseitige Team im Pfarrgemeinderat und den kirchlichen Vereinen wie dem Frauenbund, Kolping oder der KAB. Ohne diese Personen und Vereine wäre eine aktive Pfarrei nicht denkbar. Ich will auch den Fokus auf die so wertvolle seelsorgerische und gesellschaftliche Arbeit der Kirche hier in Dingolfing lenken. Ob das die Kinderbetreuung, die Jugendarbeit, die Erwachsenenarbeit oder viele andere Bereiche sind. Es gibt leider viele Mitbürger, die davon nichts hören wollen. Es gehört trotzdem dazu. Die Kirchenbauten, viele davon von kunsthistorisch großem Wert, wären ohne die Kirchenstiftungen nicht zu erhalten.

Doch nicht nur Veränderungen sind wichtig. Vielmehr muss die Kirche doch auch entschlossener darauf hinweisen, was passiert, wenn Sie sich weiter verkleinert. Es wird doch auch sehr viel Gutes getan.

Walk: Als ehemaliger Nutznießer ist es mir ein Anliegen auf die höchst professionelle und hervorragende Jugendarbeit in der Pfarrei hinzuweisen. Die Pfarrei leistet bei der Kinderbetreuung einen unverzichtbaren Beitrag für die ganze Gesellschaft. Von insgesamt neun Kitas und einem Kinderhort in Dingolfing, sind vier Kitas und der Kinderhort in kirchlicher Trägerschaft. Die Jugendarbeit bei den Lektorinnen und Ministranten ist hervorragend.

Zurück zur Pfarrei St. Johannes: Wie läuft generell die Zusammenarbeit mit dem Pfarrer Martin J. Martlreiter?

Walk: Die Zusammenarbeit mit Monsignore Martin Martlreiter ist freundschaftlich, vertrauensvoll, sachlich und respektvoll. Ich habe viele Jahre als Ministrant am Altar gedient, durfte an wunderschönen Ministranten-Ausfahrten mit der Pfarrjugend teilnehmen und darf nun seit vielen Jahren im Pfarrgemeinderat mitarbeiten. Ich habe der Pfarrei und im Speziellen Herrn Monsignore Martlreiter viel zu verdanken. Neben vielen tollen Erfahrungen habe ich auch persönlich viel gelernt. Hinweisen möchte ich noch auf die gute Zusammenarbeit mit den beiden Kirchenpflegern Hans Schmid und Dr. Rupert Zach mit den jeweiligen Kirchenverwaltungen St. Johannes und Frauenbiburg.

Wie oft treffen Sie sich in den Gremien?

Valentin Walk: Der Pfarrgemeinderat trifft sich regelmäßig circa viermal im Jahr und zur Planung von Veranstaltungen jeglicher Art auch öfter.

Es ist in den letzten Jahren auch optisch viel passiert. Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen standen an. Welche kurz- und mittelfristigen Projekte stehen auf der Agenda?

Valentin Walk: Momentan laufen die Umbauarbeiten der Freiflächengestaltung vor der Stadtpfarrkirche. Das nächste Großprojekt wird die Sanierung der Kirche St. Leonhard in Oberdingolfing sein. Es handelt sich dabei wieder um eine kostenintensive Maßnahme, aber allein mit Geld kann nichts renoviert werden. Es braucht viele ehrenamtlichen Helfer und Verwalter. An dieser Stelle sind die ehemaligen und aktuellen Kirchenpfleger wirklich herauszustellen. Sie sind, zusammen mit den ebenfalls gewählten Kirchenverwaltungsmitgliedern, federführend mit diesen Baumaßnahmen befasst. Es gebührt ihnen ein großes Dankeschön. Wie viele Stunden Arbeit hier einfließen, ist wirklich unvorstellbar.